Galvão thematisiert die Folgen der Industrialisierung und beschreibt eine Arbeiterklasse, die aus vielen europäischen Einwanderern bestand. Diese Einwanderer wurden als Arbeitskräfte ausgebeutet, entwickelten aber gleichzeitig neue Ideen zur Bekämpfung schlechter Arbeitsbedingungen, die gerade durch Frauen, die zudem sexueller Ausbeutung ausgesetzt waren, verbreitet wurden. Oscar Murillo ist primär in der Malerei beheimatet und am ästhetischen Diskurs interessiert – zugleich sprengt er eben diesen Rahmen. In seinen beeindruckenden Gesamtinstallationen führt er Malerei mit Video, Zeichnung, Skulptur und Performance zusammen. Murillo wird in der großen Halle des Kunstvereins eine Agora installieren, die dem ungebrochenen Glauben des Künstlers an einen geografischen, kulturellen und gesellschaftspolitischen Zusammenhalt Ausdruck verleiht. In Horizontal Darkness in Search of Solidarity treffen große, aus verschiedenen Stücken zusammengenähte Leinwände aus der manifestation Serie auf die effigies (Bildnisse), ausgestopfte Puppen, die die einfachen Leute aus La Paíla, Murillos Heimatstadt, symbolisieren. Verschiedene Tribünen, die auch im Rahmen des Begleitprogramms genutzt werden, laden die Besucher zum Hinsetzen ein, um von dort aus das Geschehen zu betrachten und die Agora als Ort der Debatte wahrzunehmen. Die zusammengesetzten Leinwände der manifestation Serie erzeugen einen Collage-Effekt, indem die verschiedenen Energien der gemalten Flächen einander bewusst gegenübergestellt werden. Geprägt von dichten, aggressiven Farbstrichen – meist in Schwarz – stellen die Arbeiten ein Spiel zwischen Geste und Bedeutung dar. Auf jeder Leinwand werden sich wiederholende Buchstaben gemalt und dann fast spurlos wieder vernichtet. Der Titel Manifestation spielt mit dem Begriff der Signifikation und der Schaffung von Bedeutung. Zudem hat das Wort eine politische Ebene und beschreibt in unterschiedlichen Sprachen einen politischen Protest. So verweist die Idee der physischen Präsenz oder Geste auch auf den Akt, mit dem eigenen Körper Widerstand gegenüber einer herrschenden Macht zu demonstrieren.
Die manifestation Serie wird ergänzt durch farbgetränkte schwarze Leinwände, geschnitzte Fenster aus Aserbaidschan und flight # Zeichnungen, die die Zeit dokumentieren, die der Künstler auf Reisen verbracht hat. Diese Kugelschreiberzeichnungen ähneln einem vielschichtigen Bewusstseinsstrom, einer komplexen Kette von Gedanken und Informationen. Das Fliegen erzeugt ein zeitliches Vakuum. Trotz der großen physischen Entfernung zum Boden bleiben die Flugrouten von den politischen Landschaften Tausende von Metern tiefer bestimmt (d. h. Staatsgrenzen, Reise- und Handelsrouten usw.) und die Dynamik des Fliegens ist untrennbar mit den Gesetzen des Bodens verbunden. Dennoch erkennt Murillo im Fliegen die Möglichkeit, die aktuellen gesellschaftlichen Bedingungen durch eine eher horizontale und abstrakte Linse zu beobachten.
Neben den Zeichnungen zeigt die Ausstellung auch mehrere Videoarbeiten Murillos, die – wie bereits die Zeichnungen – das Thema Mobilität und den ewigen Zustand des Wandels untersuchen. Die Fenster, die er von Handwerkern aus Aserbaidschan in traditioneller Buntglastechnik hat anfertigen lassen, bestehen nicht aus schillerndem Glas, sondern aus verrostetem Blech aus abgewirtschafteten Fabriken und symbolisieren den Globalisierungsschrott unserer Zeit.Oscar Murillo beschäftigt sich mit Materialien, Prozessen und dem Thema körperlicher Arbeit sowie mit Fragen von Migration, Gemeinschaft, Austausch und Handel in der heutigen globalisierten Welt. Diese Anliegen sind tief in Murillos persönlicher Geschichte und seinem kreativen Prozess verankert. Bezüge zu Leben, Kultur und Arbeitsbedingungen in der Fabrikstadt La Paíla, wo er geboren wurde, tauchen in seiner Arbeit immer wieder auf.
Im Frühjahr 2020 wird zur Ausstellung in Zusammenarbeit mit Kettle’s Yard, Cambridge, eine Publikation erscheinen.